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Interview mit Regina Lummert in Tschechien


Bist du zufrieden mit deiner Wahl nach Tschechien zu gehen?

Ja ich bin sehr zufrieden. Ich lebe hier in Pilsen, der viertgrößten Stadt des Landes mit ca. 170.000 Einwohnern. Den meisten ist die Stadt wohl eher durch das Bier und die Pilsner Brauart, das Pils, bekannt... :-) Neben der Brauerei gibt es in Pilsen eine große Universität; hier steht die drittgrößte Synagoge der Welt; es gibt schöne Parks, Theater, Museen, einen Zoo mit Botanischem Garten, den höchsten Kirchturm der Republik, viel Wasser und Wälder ringsherum – und das Wetter ist immer das beste des ganzen Landes!

Wie kam es dazu, dass du dieses Land gewählt hast und nicht ein englischsprachiges?

Ich bin in die Tschechische Republik gegangen, da es meine zweite Heimat ist. Meine Mutter ist gebürtige Tschechin. Mein Hauptanliegen neben einer anspruchsvollen Tätigkeit für mein Praktikum war und ist es noch immer, die Sprache zu erlernen.

Wie kommst du mit der Sprache zu Recht?

Ja, da kommen wir dann auch schon an den kritischen Punkt. Das Verstehen fällt mir nicht allzu schwer. Die Menschen hier in Westböhmen sprechen nicht so schnell und haben keinen schweren Dialekt. Also kann ich alltäglichen und nicht zu hochtrabenden Gesprächen recht gut folgen. (Der Rest ergibt sich meist aus Gestik und Mimik. ) Nur mir fällt es noch ganz schön schwer selbst zu sprechen. Die tschechische Sprache nutzt sieben Fälle, es werden auch Substantive gebeugt und noch dazu gibt es 1.000.000 Ausnahmen von allem und die geschriebene Sprache weicht teilweise von der gesprochenen ab. Aber ich lass mich nicht entmutigen und lerne weiter!

Was genau machst du in Pilsen?

Im Rahmen meines Wirtschaftsrechtsstudiums ist im sechsten Semester ein Praxissemester vorgesehen, dass ich hier absolviere. Ich arbeite in einem kleinen Ort 30 km vor Pilsen in einem Tochterunternehmen der DaimlerChrysler AG im Personalbereich und beschäftige mich hauptsächlich mit dem tschechischen und deutschen Arbeitsrecht.

Fühlst du dich wohl in dem Land und in der Gemeinde, in die du gehst?

Ja und ja. Das Land ist sehr schön und ich bin bisher ausschließlich auf nette und zuvorkommende Menschen gestoßen. In Pilsen gibt es keine Gemeinde. Generell gibt es in Tschechien nicht sehr viele neuapostolische Christen. Das Land wird von Österreich und der Schweiz aus betreut und Gottesdienste finden ein Mal in der Woche sonntags statt. Somit habe ich z.Zt. einen recht langen Anfahrtsweg zum Gottesdienst: Es sind gut zwei Stunden von Tür zu Tür – von meinem Wohnheim in die Gemeinde nach Prag. Dort gibt es einen Vorsteher, ein Priester aus Österreich, und einen tschechischen Diakon. Die Gottesdienste sind immer zweisprachig. Es gibt ca. ein Dutzend einheimische Geschwister, die auch regelmäßig die Gottesdienste besuchen und dann immer mal wieder -hauptsächlich deutsche- Touristen. Zu Ostern habe ich einen Ex-Tempelhofer und seine Frau getroffen – das war eine schöne Überraschung!

Unterscheiden sich die Gottesdienste von denen in Deutschland?

Der Hauptunterschied im Ablauf ist wohl die Zweisprachigkeit. Es gibt auch nur selten einen Chor – nur wenn genügend Touristen anwesend sind. Aber ansonsten ist es das gleiche Wort und ich fühle mich wohl bei den Pragern!

Gibt es andere Unterschiede bezogen auf die Kirche?

Wie bereits angeklungen, gibt es nicht viele Geschwister in der Tschechischen Republik und diese sind auch noch alle quer über’s Land verstreut. Vielleicht kann ich die Unterschiede am Beispiel der Jugend am besten verdeutlichen: Ich habe hier an zwei Jugendstunden teilgenommen. Sie finden meist im Abstand von zwei bis drei Monaten statt. Zu diesen beiden Jugendstunden war jeweils die Jugend aus ganz Böhmen nach Prag eingeladen – im Endeffekt waren wir fünf Jugendliche und einmal sogar noch mehr Betreuer. Es gibt zwar ungefähr doppelt so viele Jugendliche, aber die Anfahrtswege sind teilweise sehr lang oder andere Umstände verhindern ein vollständiges Beisammensein. Die Stunden waren trotz der wenigen Teilnehmer sehr schön. Aber innerlich war ich doch sehr dankbar, dass ich in meiner Jugendzeit immer eine große Gruppe in meiner unmittelbaren Nähe hatte!

Was gefällt dir in Tschechien am besten, was vermisst du aus Deutschland am meisten?

Hier gefällt mir am besten, dass ich mal so komplett aus dem Berliner Alltag mit allem Stress und allen Verpflichtungen rauskomme. Ich gehe zwar auch arbeiten und unternehme viel in der Freizeit, aber irgendwie ist es alles entspannter! Außerdem ist es toll so viele neue Leute kennen zu lernen. Und an Berlin vermisse ich natürlich meine Familie und meine Freunde. Aber zum Glück gibt es das Internet und andere antiquierte Kommunikationsmittel, so dass der Entzug nicht ganz so arg ist!

Viele Grüße an alle Schöneberger – und nicht nur Berlin ist immer eine Reise wert... :-) Regina

Bilder findet ihr hier in der Galerie.

23.05.2007
Redaktion
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