Interviews

Bericht über Pr. i.R. Günter Gottschlag (nach einem Interview mit ihm)


Liebe Leser, der Grundgedanke eines Interviews ist es, 1:1 eine Frage und Antwort sachlich und inhaltlich korrekt wieder zu geben um so möglichst keinen Informationsverlust oder eine andere Deutung der Aussagen zu erhalten. Dem stimme ich auch grundsätzlich zu, da es in diesem Beitrag aber darum ging, unseren Bruder Gottschlag persönlich kennen zu lernen, möchte ich lieber über ihn berichten und meine Gedanken dazu einfließen lassen. Das ist, so denke ich, persönlicher…

Ist es nicht immer interessant, mit Menschen zu sprechen, die vieles erlebt haben und ein Glaubensfundament in der Gemeinde bilden?

Wenn man heute einen solchen Menschen trifft und mit ihnen spricht, stelle ich mir immer die Frage: „Woher kommt diese Erkenntnis?“
Alles hat bekanntlich irgendwo seinen Ursprung. Bei unserem Bruder Gottschlag gibt es viele Grundlagen, die den Ursprung des eben erwähnten Fundaments ausmachen.

Tiefes Vertrauen zu den Eltern, besonders zu seinem Vater und damit ein inniges Verhältnis im Privaten zu haben ist sicherlich der Anfang einer guten Grundlage für unseren Bruder gewesen. Auch denke ich, dass eine 52-jährige Ehe mit seiner lieben Frau nur zu gut dazu beigetragen hat. 1955 erhielt er den Auftrag vom Apostel im Werk Gottes mitzuhelfen und war bis 2000 im Priesteramt. Wir sprechen also von 45 Jahren seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Helfer in der Neuapostolischen Kirche oder anders gesagt als Amtsträger und Priester. In der Zusammenarbeit mit dem damaligen Evangelist Ernst Giencke (Vorsteher der Gemeinde Schöneberg ab 1970) konnte unseren Bruder Gottschlag in vielen schönen und herzlichen Situationen prägende Momente der Bescheidenheit, Liebe und Ruhe mit- und in sich aufnehmen.

Bruder Günther Gottschlag im Gespräch mit Andreas Vorbau (li), Im Leben gibt es imm Vorbilder (re)


Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die Zahl 52 unterstreichen. Das hat mich begeistert! Als Mensch mit einem doch recht jungen Eheleben, dabei blicke ich auf etwas über ein Jahr zurück, sind 52 Jahre fast unvorstellbar (wir sprechen also bei unserem Bruder Gottschlag von 52 Jahren Ehe). Leider erlitt seine liebe Frau 1997 einen Schlaganfall. Diese Veränderungen in einem Eheleben sind sicher sehr tragisch und einschneidend. Geschwister Gottschlag mussten ihr Leben neu ordnen. Das bedeutet, dass grundlegend aufgeteilte Aufgaben neu verteilt werden mussten und so in erster Linie von ihm zu erledigen waren und bis heute zu erledigen sind. Seit also 11 Jahren beherrscht Bruder Gottschlag das Handwerk „Haushalt“ vom Wäsche waschen bis zum Kuchen backen. Wie er mir sagte, macht es ihm sogar langsam richtig Spaß. Auch wenn diese Situation nicht leicht ist, so sagte Bruder Gottschlag in dem Zusammenhang: „Wir brauchen nicht darüber zu jammern, was wir nicht haben, sondern wir sollten uns freuen über das, was wir haben.“

An dem Gemeindeleben bis hin zu Seniorentreffen versuchen beide teilzunehmen und sich entsprechend einzubringen, soweit dies möglich ist.

Im Leben gibt es immer Vorbilder, die einen prägen, die nur mit wenigen Sätzen und Handlungen viel aussagen. So war es auch für unseren Bruder Gottschlag. Evangelist Giencke prägte durch seine Tiefgründigkeit und seinen Weitblick. Bei der Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass Priester i.R. Gottschlag nicht erst ab seiner In Ruhesetzung (2000) lieber als „Bruder“ angesprochen werden möchte. Auch wenn er dieses Amt immer tragen wird, sieht er sich als Bestandteil der Gemeinde, bei dem keinerlei Unterschiede zu anderen Brüdern und Schwestern bestehen.

Als im Brüderkreis unter den Brüdern vom Schlüsseldienst sich ein wenig Schwunglosigkeit einschlich, prägte Bezirksapostel Schröder den Satz: „Die Liebe muss immer über der Ordnung stehen“. Es geht nicht immer darum für alles eine Regel oder Vorgabe zu haben, manchmal genügt es, die Liebe sprechen zu lassen.

Kurz gesagt: „Die Liebe muss immer über der Ordnung stehen!“ Oder anders ausgedrückt: „Eine gewisse Ordnung muss da sein, doch es darf nie an Liebe fehlen!“

„Jetzt sind die Jugendlichen von damals meine Brüder, die mich besuchen und darüber bin ich dankbar!“, sagt unser Bruder Gottschlag.

A. Vorbau: Es ist interessant mit Menschen zu sprechen, die ein Glaubensfundament in der Gemeinde haben. (li), Wir sollten uns freuen über das, was wir haben. (re)


Auch in der Betreuung der Geschwister galt immer: „Ein Vertrauensverhältnis von Geschwistern zu den Brüdern ist besonders wichtig. Ist das Vertrauen von den Geschwistern zum Diakon inniger als zum Priester, dann ist der Diakon die Vertrauensperson. Schließlich geht es um die Geschwister!“

In den 70er Jahren gab es ein hohes Maß an Ordnung, sicher auch darauf zurückzuführen, dass keiner etwas falsch manchen wollte. In einer Vorsteherversammlung mit Bezirksapostel Schröder, der den Vorstehern mehr Eigenverantwortung zugetraut hat, als es zuvor war, hatten die Brüder vielerlei Fragen. Ein Beispiel einer Frage: “Wenn im Winter der Konfirmationsunterricht stattfindet, wie warm sollte der Raum geheizt werden?“. Die Schöneberger hatten schon damals damit intern keine Probleme… Es wurden damals also viele, viele Regeln aufgestellt und auch gefordert um ein hohes Maß an Ordnung herzustellen, doch es fehlte die Liebe. Die wurde dann mehr und mehr in den Vordergrund gehoben, alleine durch prägende Sätze wie: „Die Liebe muss immer über der Ordnung stehen!“ Heute gilt das Hauptaugenmerk der Familie.

Auch das Familienleben wurde damals mehr und mehr in den Vordergrund gestellt. So wurde schon damals den Amtsträgern an die Hand gelegt: „Wenn es Euren Frauen (Familie) schlecht geht, dann bleibt zu Hause und kümmert Euch um Sie…“ Ja, damals war einiges anders als heute, jedoch ist es interessant zu sehen, wie gewisse Grundlagen entstanden sind.

Wir haben uns dann über Änderungen in der NAK unterhalten.
„Wenn man nicht vergeben kann oder will, sollte man nicht zum Abendmahl gehen.“ Stammapostel Urwyler hat darauf hingewiesen, dass wenn man den innigen Wunsch hat zu vergeben und man schafft es noch nicht, dann mag das heilige Abendmahl die Kraft dazu verleihen!“

In dem Zusammenhang nennt Bruder Gottschlag, den Beitrag des Stammapostels i.R. Fehr in unserer Zeitschrift „Unsere Familie“, der darin die Zahl der Erlösten von 144.000 nicht als fest gesetzte Zahl beschreibt, sondern darin zu verstehen bringt, dass es keine direkte Zahl ist, sondern die Chance für alle besteht am Tag des Wiederkommens des Herrn Jesu dabei zu sein. Ein, so finde ich, wichtiger Punkt, der uns ruhig öfter in unserem aktiven Bewusstsein deutlich sein darf.

Auch die Öffnung der Kirche zu anderen Kirchen durch unseren Stammapostel Leber ist ein moderner und wichtiger Bestandteil für unsere Kirche. Im vergangenen Jahr (04.12.2007) fand ein Informationsabend der Neuapostolischen Kirche statt. Dieser befasste sich mit kleinen und größeren kircheninternen Themen. Hier war es interessant, mehr über die Vergangenheit zu erfahren und offiziell darüber zu sprechen. „Das war gut…- sauber unterm Strich. Gut geklärt, anhand von Fakten die Daten aufgearbeitet.“, sagt Bruder Gottschlag.

Zum Zusammenwachsen der Gemeinden Steglitz, Tempelhof und Schöneberg zur Gemeinde Schöneberg, sagte mir unser Bruder einen kurzen und treffenden Satz: „Es wächst zusammen, was zusammenwachsen will!“ (Zitat von Bezirksapostel Schröder). Klar, wenn so viele Kirchenmitglieder in einer so kurzen Zeit zusammengelegt werden, kann man schnell den Überblick verlieren. „Einen Überblick über die gesamte Gemeinde zu haben, das muss auch nicht unbedingt sein, denn was wir brauchen und hören möchten, das bekommen und hören wir schon!“

Wir unterhielten uns dann noch über das Thema: „Dinge, die zusammenhalten“. Dazu sagte er mir, „Es war die Jugend damals, die Gemeinschaft heute und die Gottesdienste.“ Das hat eine besondere Grundlage in allen Lebenslagen gegeben. „Klar, wir haben auch Dämlichkeiten damals gemacht, doch auch diese haben uns zusammengehalten. Wichtig ist immer gewesen, dass wir treu geblieben sind.“

Ich fragte ihn, ob die Jugend heute auf Ihn zukommt und ihn noch heute um seinen Rat fragt, denn er hat ja schließlich viel erlebt und kann eine Menge berichten. Ihm ist schon klar, dass er in beruflichen und fachlichen Fragen keine große Hilfe heutzutage ist, da durch den Fortschritt sich zuviel geändert hat, doch in Lebens und Glaubensfragen ist er ein wohltuender Ansprechpartner. „Jede Zeit hat seine Gegebenheiten, aber ich bin gerne bereit zu helfen. War es bei uns zur Jugendzeit anders, wenn wir von den „Alten“ hörten?“. Also Ihr lieben Jugendlichen, hier ist noch Potential für Euch, etwas zu erfahren.

Musik begleitet einen bekanntlich durch alle Lebenslagen. Manchmal ist es das eine, dann vielleicht das andere Lied, welches einem in den Sinn kommt. So wollte ich auch von unserem Bruder wissen, ob es ein Lied gäbe, welches ihn durch all die Jahre besonders begleitet hat. Ich erlaube mir an der Stelle die erste Strophe aus dem Gesangbuch hier wiederzugeben, da der Text für sich selbsterklärend ist.

„Mit Dir, o Herr verbunden, fühl ich mich nie allein. Mir bleibt zu allen Stunden dein tröstlich Nahesein. In frohen lichten Tagen, auf blumenreicher Bahn darf ich mein Glück dir sagen, und Du nimmst teil daran!“

Wo ein Lied ist, ist ein passendes Wort nicht weit. So nannte er mir sein Trauwort (Sprüche Salomons 3, 1-6). Hier gebe ich die Verse 5-6 wieder: „Verlass Dich auf den Herrn, von ganzem Herzen, und verlass Dich nicht auf Deinen Verstand, sondern gedenke an Ihn in allen deinen Wegen, so wird er Dich recht führen.

So hoffe ich, konntet Ihr unseren Mitbruder etwas persönlicher kennen lernen und gewisse Lebens- und Glaubensgrundlagen erkennen. Mir hat es Spaß gemacht.

Mal sehen, über wen ich beim nächsten Mal berichte.

Seid gegrüßt

Euer Andreas

27.01.2009
Andreas Vorbau
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