Themenimpulse

Werkzeug des (göttlichen) Friedens

Ihr lieben Geschwister,

als ich gefragt wurde, doch einen kleinen Impuls für den Podcast zu geben, schoss mir sogleich ein Thema durch den Kopf, das mich nun schon eine Weile bewegt. Friede. Auch wenn dieses Thema immer bedeutender wird, so geht es mir hierbei nicht in erster Linie um den großen Weltfrieden oder so. Ich schaue dabei auf mich und meine ganz persönliche Lebenssituation und das Umfeld, das mich umgibt.
Denn mein Handeln ist für diese Menschen wahrscheinlich bedeutender als für alle anderen.

Vor kurzem bin ich durch einen Zufall, der nicht besonders erwähnenswert ist, auf ein Gebet bzw. einen Gebetstext aufmerksam geworden. Ich habe zunächst nur die ersten Worte davon mitbekommen und begann dann nach dem gesamten Text zu suchen. Die ersten Worte, die mich direkt berührt haben, lauteten: „Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens“. Was mich daran so fasziniert war, dass der Beter nicht einfach um Frieden in der Welt bittet, sondern sich für das Erreichen dieses Ziels gänzlich in die Hand Gottes übergibt. Ein Werkzeug selbst kann nichts schaffen, es muss genutzt werden. Nur in der Hand des Handwerkers kann etwas entstehen. Nachdem ich den ganzen Text gefunden hatte, wurde mir klar, dass das gesamte Gebet diesen Geist atmet, sich zurücknehmen und in den Dienst Gottes zu stellen. Das ist in der heutigen Zeit, in der es sehr darauf ankommt, aus sich etwas zu machen, aktiv zu sein, etwas zu schaffen, gar nicht mal so einfach. Auch für mich nicht. Denn man hat ja mit dem eigenen Leben und den damit einhergehenden Beschwerden ja schon genug zu tun. Wie soll man sich dann noch für das Werk Gottes einsetzen?

Ich möchte euch nun aber das kurze Gebet vortragen, damit ihr wisst, wovon ich spreche. Vielleicht kennt es der eine oder andere. „Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens, das ich liebe wo man hasst, dass ich verzeih‘ wo man beleidigt, das ich verbinde wo Streit ist, dass ich die Wahrheit sage wo Irrtum ist, dass ich Glauben bringe wo Verzweiflung droht, dass ich Hoffnung wecke wo Verzweiflung quält, dass ich Licht entzünde wo Finsternis regiert, dass ich Freude bringe wo der Kummer wohnt. Herr, lass mich trachten, nicht dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste, nicht dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe, nicht dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. Denn wer sich hingibt, der empfängt. Wer sich selbst vergisst, der findet, der verzeiht, dem wird verziehen. Und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.“

Nach dem ersten Lesen habe ich lange darüber nachdenken müssen, ob ich in meinem Leben schon einmal so gebetet hatte. Und ich bin mir bis heute nicht sicher, denn es verlagert den Fokus komplett. Der Beter will die Dinge zum Guten wenden und stellt sich und seine Wünsche, die in erster Linie auf sein Wohlbefinden zielen, vollkommen zurück. Nur durch seinen Glauben ist er darüber sicher, dass wer Frieden in die Welt bringt, auch etwas davon zurückerhält. Er will aktiv werden, um anderen Gutes zu tun, um Frieden für alle zu schaffen. Wie leicht ist das gesagt und wie schwierig ist es danach zu leben? Wie schnell fühlt man sich beleidigt? Wie schnell liegt man im Streit und wie schnell zweifelt man an sich, an anderen oder an Gott? Ist man erst einmal in der Situation, beleidigt zu sein, im Streit zu liegen oder zu zweifeln, wie schwer ist es dann, den Teufelskreis der gegenseitigen Schuldzuweisungen zu durchbrechen? Da kommen einem manchmal Gedanken, als sei man gerade erst in den Kindergarten gekommen. Der hat aber angefangen, die soll sich zuerst entschuldigen und jener hat mich so tief enttäuscht, dass ich nie wieder ein Wort mit ihm rede. Wir bauen Mauern zu Personen auf, mit denen wir uns früher vielleicht gut verstanden haben, verstehen sie immer weniger. Und letzten Endes ist es uns gänzlich unmöglich, einen Schritt auf sie zuzugehen. Damit tun wir den anderen, aber auch uns keinen Gefallen. Ganz im Gegenteil. In dem Gebet beantwortet der Beter das Ungute mit dem Guten: aus Hass wird Liebe, aus Beleidigung Verzeihen, aus Streit Verbundenheit, aus Irrtum Wahrheit, aus Zweifel Glaube, aus Verzweiflung Hoffnung, aus Finsternis Licht und aus Kummer wird Freude. Doch nicht durch Zauberhand oder nur weil er es erbeten hat, sondern weil wir uns in den Dienst Gottes stellen, unsere eigenen Befindlichkeiten zurückstellen und an seinem Frieden mitwirken. Was da besonders wirkt, sind die Worte „Herr, lass mich trachten“. Nicht dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe. Diese Worte wiegen so schwer, weil es nicht in erster Linie um unser Heil geht, sondern vermeintlich nur um das des anderen.

Aber das stimmt so nicht ganz. Denn wenn wir auch mal an den Nächsten denken, der uns im Moment so nahe gar nicht mehr ist, stiften wir eine gute Tat, die andere womöglich dazu veranlasst, es uns nachzutun und auch etwas Gutes in die Welt zu tragen. Wenn wir anderen zuhören und versuchen sie zu verstehen, erkennen wir vielleicht so manch neue Perspektive. Das Gebet gibt uns auch einen Grund an die Hand, der fest in unseren christlichen Glauben geschrieben ist, sogar dankenswerterweise mit auf den Weg. Denn wer sich hingibt, der empfängt, wer sich selbst vergisst, der findet, wer verzeiht, dem wird verziehen und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. Denn alles Gute, das wir tun, kommt zu einem anderen Zeitpunkt zurück. Und sei es auch erst bei Gott. Daran möchte ich stärker glauben und arbeiten. Auch wenn es manchmal schwerfällt, im Stress des Alltags in Vergessenheit gerät oder es bequemer ist, es nicht zu tun. Ich hoffe, dass Gott mir die Kraft dazu gibt, in seiner Hand an dem Nächsten für seinen Frieden zu arbeiten.

Jan Gräfe